(after the German text you will find an English translation for my international readers)
Wie dieses schöne Schild unterhalb von Zell zeigt, wird im Zellertal seit 708 n.Chr. Weinbau betrieben. Damals natürlich noch kein Riesling, denn dieser wird „erst“ seit 600 Jahren in Deutschland angebaut.
In der Mitte des 20. Jahrhunderts war das pittoreske Tal etwas in Vergessenheit geraten, lag in dieser Zeit der Focus doch eher auf Quantität und einfach zu bearbeitenden Flächen. Doch in den letzten 25 Jahren wurde es von innovativen Winzern, allen voran Oliver Spanier wieder entdeckt.
Riesling Kenner werden die Grosse-Gewächs-Lage Schwarzer Herrgott natürlich kennen, der Kreuzberg als neue Grosse Lage ist da schon weniger bekannt. Beim Frauenberg ganz im Osten am Ende des Zellertals gelegen sieht das vielleicht schon wieder besser aus.
Eine getrunkene Flasche Battenfeld Spanier Frauenberg 2019 war der konkrete Auslöser für eine Reise Ende August 2022 ins Zellertal, das ich erstmals 2015 besuchte. Diese hatte mich so nachdrücklich begeistert, dass ich gleich zum Winzer Oliver Spanier Kontakt aufgenommen habe mit der Frage, ob er mir seine Lagen im Zellertal einmal genauer zeigen könnte.
Das Weingut von Carolin Spanier Gillot und Hans Oliver (genannt H.O.) Spanier muss man bestimmt nicht mehr vorstellen.
Ist es doch einer der Pionierbetriebe für biologischen Bewirtschaftung in Deutschland- seit den 90er Jahren wird hier biologisch und seit 2005 bio-dynamisch gearbeitet. Es gehört zu den absoluten Top Betrieben Deutschlands und exportiert 50% seiner erzeugten Weine in 40 Länder der Erde. Die Rebfläche beträgt ca. 70 Hektar, wovon der größte Teil mit Riesling bepflanzt ist. Oliver Spanier ist am Rande des Zellertals groß geworden und schon mit seinem Opa, der Landwirt war, als kleiner Bub durch die Weinberge gegangen. Als wir mit ihm durch die Weinberge fahren, merkt man schnell, dass er hier fast jeden Stein kennt.
Er ist seit Jahren zusammen mit seiner hübschen und charmanten Frau Carolin so etwas wie der Motor für das vom Kalkstein geprägten Tal und die Beiden haben es längst auf die internationale Landkarte gesetzt.
Doch was sind eigentlich die Besonderheiten dieses Riesling Weltklasse Terroirs?
Unzählige größere Kalk-Steine in den Lagen zeugen hier schon optisch vom massiven Kalkstein und einer dünnen Bodenauflage.
Beste Voraussetzungen also für Terroir-Riesling. Dazu kommt eine gute Wasserversorgung und Wind, der die Reben kühlt, aber auch fordert, denn in kühlen Jahren war es früher bestimmt schwer in wind-exponierten Lagen physiologisch reife Trauben zu ernten. Dafür ist der Pilzdruck mit der guten Trocknung durch den Wind niedriger, was essentiell für ein bio-dynamisch arbeitendes Weingut ist. Der Klimawandel war in den letzten Jahren ein Gamechanger für den Riesling-Anbau in Deutschland. Galt es noch in den 70er Jahren als Herausforderung die Riesling-Trauben reif zu bekommen, gilt inzwischen eher die Reifezeit zu verlängern und Frische und Säure in den Trauben zu erhalten. Das Zellertal bietet mit kühlen Nächten und größeren Tag-Nacht Amplituden hier auch echte Vorteile gegenüber Lagen in flacheren Gefilden.
In Trockenjahren wie 2022 stellt sich in vielen Lagen darüber hinaus noch ein ganz anderes Problem.
Bekommen die Reben genug Wasser? Hier sind in der Regel biologisch arbeitende Winzer im Vorteil, haben sie doch eine lebendige und bessere Humusauflage, die Wasser viel besser speichern kann. Eine Strohauflage im Sommer, die später unter gepflügt wird, kühlt den Boden bei Oliver Spanier zusätzlich und hält so die Feuchtigkeit auch in sehr warmen Jahren. Auch Wasser-Quellen und eine Felsstruktur, die das Wasser nach „oben“ bringt, sind hier anzutreffen berichtet der Winzer.
Auf viele kleine Parzellen im Zellertal verteilen sich die Lagen des Weingutes, dabei wurde im Jahr 2022 nochmals im großen Umfang neu angepflanzt, bzw. umveredelt, hauptsächlich Riesling. Bei diesem Verfahren werden auf bestehende Reben neue Edelreisser „aufgepropft“, eine Methode, auf die sich die Firma Woldwide Vineyards spezialisiert hat.
Aber auch die im Trocken- und Hitzejahr 2022 neu gepflanzten Reben sehen prächtig aus, was für das know how des Weingutes und eine gute unterirdische Wasserversorgung der Lagen spricht, denn hier gilt natürlich dry farming, also das Verzichten auf künstliche Bewässerung. Nur in absoluten Notfällen geht dies bei Junganpflanzungen.
Sehr viel Arbeit im Weinberg und zum Glück kann das Weingut auf ein Team von 50 fest angestellten Kräften zurück greifen.
Aus (älteren) Spitzenparzellen im Zellertal entsteht übrigens der „CO“ genannte Spitzenriesling des Weingutes. Auch der Versteigerungswein Kreuzberg wird hier erzeugt.
Beim Verkosten der Weine später im Weingut beeindruckt mich der Focus und die Straffheit der Weine. Der Kreuzberg 2021er Riesling punktet dabei mit enormer Länge, ein sehr beeindruckender Wein jenseits aller Frucht. Ein Terroir Wein pur, der mit den ganz großen Weinen der Welt mitspielen kann.
Aus verschieden jüngeren Top Parzellen im Zellertal (sehr viel aus dem Kreuzberg) entstanden gefällt mir auch der 2021er Zellertal Ortswein sehr gut, der viele GG’s aus anderen Gebieten locker in den Schatten stellt und dessen selbstbewusste Preisgestaltung deshalb meiner Meinung nach vollkommen in Ordnung geht. Dieser bietet sich besonders an, möchte man einen Eindruck des Zellertal Terroirs und des fokussierten auf den Boden konzentrierten Stils von Oliver Spanier gewinnen.
Der Frauenberg 2021 zeigt sich frisch gefüllt noch sehr verschlossen und viel karger als 2019.
Um einen Vergleich mit den schon weltbekannten Lagen am Roten Hang machen zu können, probiere ich noch den Kühling Gillot Pettenthal 2021 der ein ganz anderes Aromenbild und Mundgefühl zeigt. Er ist viel würziger und kleidet den Mundraum ganz anders aus als die Zellertal Weine. Dabei wurde er im Keller identisch wie die Weine aus des Zellertal behandelt. „Lasse das Terroir sprechen, nicht den Menschen“, was diesen beiden Ausnahmewinzern sehr gut gelingt.
World-class Riesling Terroir since 708 – on the road in Zellertal with Oliver Spanier
As this beautiful sign below Zell shows, viticulture has been practised in the Zellertal since 708 AD. At that time, of course, it was not yet Riesling, because it has „only“ been cultivated in Germany for 600 years.
In the middle of the 20th century, the picturesque valley was somewhat forgotten, as the focus at that time was more on quantity and easily cultivated areas. But in the last 25 years it has been rediscovered by innovative winegrowers, above all Oliver Spanier. The border between the wine-growing regions of Rheinhessen and Pfalz is certainly a special feature, because this „border“ runs right through the Zellertal and sometimes causes some confusion.
Riesling connoisseurs will of course know the Grosse Gewächs site Schwarzer Herrgott, while the Kreuzberg, the new Grosse Lage, is less well known. The Frauenberg, located in the far east at the end of the Zellertal, is perhaps a better example.
A bottle of Battenfeld Spanier Frauenberg 2019 was the concrete trigger for a trip to Zellertal at the end of August 2022, which I first visited in 2015. I was so impressed that I immediately contacted winemaker Oliver Spanier and asked if he could show me his vineyards in Zellertal in more detail.
The winery of Carolin Spanier Gillot and Hans Oliver (called H.O.) Spanier certainly needs no introduction. It is one of the pioneer farms for organic farming in Germany – organic since the 90s and biodynamic since 2005. It is one of the absolute top farms in Germany and exports 50% of its wines to 40 countries around the world. The vineyard area is about 70 hectares, most of which is planted with Riesling. Oliver Spanier grew up on the edge of the Zellertal and already walked through the vineyards with his grandfather, who was a farmer, as a little boy. As we drive with him through the vineyards, you quickly realise that he knows almost every stone here. For years, together with his pretty and charming wife Carolin, he has been something of a motor for the limestone-dominated valley, and the two of them have long since put it on the international map.
But what are actually the special features of this Riesling world-class terroir?
Countless large limestone boulders in the vineyards are visual evidence of the massive limestone and a thin layer of soil. The best conditions for terroir Riesling. In addition, there is a good water supply and wind that cools the vines, but also challenges them, because in cool years it was certainly difficult to harvest physiologically ripe grapes in wind-exposed sites in the past. On the other hand, the fungal pressure is lower because the wind dries the grapes well, which is essential for a biodynamic winery. Climate change has been a game changer for Riesling cultivation in Germany in recent years. Whereas in the 1970s it was a challenge to ripen Riesling grapes, nowadays it is more important to extend the ripening period and to maintain the freshness and acidity of the grapes. The Zellertal, with its cool nights and greater day-night amplitudes, also offers real advantages over sites in flatter regions.
In dry years like 2022, many vineyards face a completely different problem.
Do the vines get enough water? As a rule, organic winegrowers have an advantage here, as they have a living and better humus layer that can store water much better. A layer of straw in summer, which is later ploughed under, additionally cools the soil at Oliver Spanier and thus retains moisture even in very warm years. Water springs and a rock structure that brings the water to the „top“ are also found here, the winemaker reports.
The vineyards of the winery are spread over many small parcels in the Zellertal. In 2022, a large number of new vineyards were planted or replanted, mainly Riesling. In this process, new scions are „grafted“ onto existing vines, a method in which the company Woldwide Vineyards has specialised.
But the new vines planted in the dry and hot year of 2022 also look splendid, which speaks for the winery’s know-how and a good underground water supply to the vineyards, because dry farming, i.e. doing without artificial irrigation, naturally applies here. This is only possible in absolute emergencies with young plantations. A lot of work in the vineyard and fortunately the winery can rely on a team of 50 permanent employees.
By the way, the estate’s top Riesling, called „CO“, is produced from (older) top plots in the Zellertal. The auction wine Kreuzberg is also produced here.
When tasting the wines later at the winery, I was impressed by the focus and the tautness of the wines. The Kreuzberg 2021 Riesling scores with enormous length, a very impressive wine beyond all fruit. A pure terroir wine that can compete with the world’s great wines.
I also like the 2021 Zellertal Ortswein, which is made from various younger top parcels in the Zellertal (very much from the Kreuzberg) and easily outshines many GGs from other areas, and whose self-confident pricing is therefore completely in order in my opinion. This wine is particularly suitable if you want to gain an impression of the Zellertal terroir and Oliver Spanier’s style, which focuses on the soil.
When freshly bottled, the Frauenberg 2021 is still very closed and much more meagre than the 2019.
In order to be able to make a comparison with the already world-famous sites on the Roter Hang, I also taste the Kühling Gillot Pettenthal 2021, which shows a completely different aroma and mouthfeel. It is much spicier and has a completely different mouthfeel than the Zellertal wines. Yet it was treated identically in the cellar to the wines from the Zellertal. „Let the terroir speak, not the people“, which these two exceptional winemakers do extremely well.