DeutschlandSpirituosen

Keiner hätte im Vorfeld gedacht, das ein Marillenbrand aus Deutschland so beeindrucken würde. Hat er aber!

Und das ging so: Die findigen Brenner von der Brennerei Ziegler hatten in der Südsteiermark im Jahrgang 2011 Marillen gekauft, also hatten die Österreicher doch ihre Hände im Spiel. Und 2011 war auch ein Jahr mit kleinen Erträgen und besonders aromatischen Marillen.  Diese wurden vor Ort entstielt, entsteint und kalt vergoren und mit einem Kühltanklaster nach Deutschland transportiert um hier weiter verarbeitet und gebrannt zu werden. Blind  hätte man beim Reinriechen gedacht, einen Korb mit hunderten von reifen Marillen vor sich zu haben und man benötigt auch 21 Kilogramm Früchte für eine 0,7 Liter Flasche des Brandes.

Dies war nur eines der Highlights, die Ralf Henseleit (Geschäftsführer) und Max Kirchner (Brennmeister) bei der Ziegler Masterclass der Sommelier Union in München dabei hatten. Besonders beeindruckt waren die Teilnehmer auch vom Zwetschgenbrand aus dem Jahr 1938 mit schier unendlicher Länge im Abgang, einem sehr ausbalancierteren Birnenbrand, der zeigte wie wichtig vollreife Früchte und die richtige Birnenmischung beim Brennen sind und ein Grevensteiner Apfel. Natürlich durfte auch die Wildkirsche nicht fehlen, die mit sehr zarter Aromatik überzeugte. Hierbei lernten wir, dass Jahrgangsunterschiede mittels Cuveetierung ausgeglichen werden und das jeder Brand erst einmal ein paar Jahr nach Füllung lagern muss, bevor er sein optimales Genuss Niveau erreicht. Bei der Wildkirsche sind zum Beispiel 6 Jahre optimal. Wir verkosteten den Jahrgang 2005, also eine Einzelfüllung.

Nicht nur beim Obstbrand spielt das Thema Holz eine wichtige Rolle. Noch viel wichtiger ist es beim Whisky, der inzwischen einen großen Raum im Sortiment der Brennerei einnimmt. Dabei überzeugte im Tasting der Aureum 1865, ein Single Malt aus Kastanienholzfässern. Wir erfuhren vom ausgewiesenen Holzexperten Kirchner, dass Kastanienholz viel mehr Alkohol als Eiche am Anfang aufnimmt (8% im ersten Jahr) und das die Holzauswahl der alles entscheidende Faktor bei der Whiskyherstellung ist, dass das Wasser für die Whiskyherstellung auch in Schottland gefiltert und enthärtet werden muss und das bei einer Lagerzeit zwischen 10 und 15 Jahren die Reaktionen des Whiskys mit dem Holz ihren aromatischen Höhepunkt erreicht haben.

Zu guter Letzt noch ein paar Fakten zum Thema Trinktemperatur und Alkoholwahrnehmung. Bei 20 Grad Celsius werden 37% ABV exakt auch so wahr genommen, während bei 0 Grad Celsius der sensorisch wahrgenommene Alkohol ca. 32% ABV entspricht (man denke an den Williams auf der Skihütte, während bei 25 Grad die Wahrnehmung auf über 40% ABV Alkohol steigt. Auch mit dem Schwenken des Glases sollte man bei höheren Alkoholgraden und bestimmten Glasformen vorsichtig sein, überlagert doch der Alkohol schnell die Aromenwahrnehmung und ein zu großes Glas kann schnell kontraproduktiv sein.

Eine sehr spannende Masterclass und vielleicht eine Motivation sich auch einmal theoretisch näher mit der Welt der Spirituosen auseinander zu setzen.

Danke an Nicole Retter für die Super Organisation und an das Team von Lump, Stein und Küchenmeister, der Weinbar im Alten Hof. Eine wirklich tolle Location.